Hochsommerlich heiß war es heute wieder in Berlin. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen haben sich am heutigen Vormittag etwa zwei Dutzend Netzwerkerinnen und Netzwerker in der wohl temperierten Rotunde des Caffè e Gelato eingefunden, wo Stefan Peters, Trainer für Kommunikation, Personal und Improvisation einen außerordentlich lebendigen und inspirierenden Impuls-Vortrag darüber hielt, wie Ihr zu mehr Handlungsfreiheit gelangen könnt.

Wenn es in der Kommunikation schwierig wird, dann sag, was mit Dir ist!

Diesen wunderbaren Ausspruch der Kommunikationspsychologin Ruth Cohn verdeutlicht uns Stefan an einem Beispiel aus seinem eigenen Leben: Als er einst Schülervertreter unterrichte, nahm ihn nach dem Workshop der Lehrer zur Seite und bat ihn, bitte doch noch dies und das und auch noch jenes zu tun – dabei war Stefan bereits am Anschlag seiner zeitlichen Kapazität in diesem Projekt. Solche Situationen kennt sicherlich jeder von uns. Was passiert dann? Wir fühlen uns innerlich versteinert und werden im Hals- und Brustbereich (gerne auch im Kopf – d. Verf.) eng. Wir finden uns plötzlich im Kommunikationsgefängnis wieder, aus dem es nur einen Weg heraus zu geben scheint: Die Antwort „Ja“. Um aus dieser Enge heraus zu kommen und wieder mehr Handlungsfreiheit zu erlangen, hilft es, genau das auszusprechen, was man in dem Moment fühlt. In Stefans Beispiel war das, dass er dem Lehrer sagte, er höre und verstehe zwar dessen Wünsche, sei jedoch unsicher, wie er das alles zeitlich schaffen solle. Und was in diesem Moment passierte ist wohl etwas, mit dem man erstmal nicht rechnen würde: Auch der Lehrer entspannte sich plötzlich und sagte, er habe volles Verständnis dafür und dass das schon okay sei.

Das Fenster von Joseph & Harry

Das sog. Johari-Fenster ist eines der bekanntesten und populärsten Kommunikationsmodelle überhaupt, bei dem es sich buchstäblich um die Visualisierung eines Fensters handelt (z.B. hier auf Wikipedia, oder hier nur Visualisierung). In dem Feld „mir bekannt, anderen bekannt“ oder auch „öffentliche Person“ befindet sich der Bereich des freien Handelns. Oder anders gesprochen: Wenn wir das Gefühl haben, frei zu handeln, bedeutet dies, dass dieses Verhalten für uns und auch allen anderen sichtbar und fühlbar, also öffentlich erlebbar ist. Interessant ist das Feld „Mein Geheimnis“ – denn hier befinden sich Dinge und Verhaltensweisen von uns (häufig durch Glaubenssätze geprägt), die uns zwar bekannt sind, von denen wir jedoch i.d.R. nicht möchten, dass andere diese mitbekommen. So kann es z.B. sein, dass ich die Überzeugung habe, „ich darf als Trainer nicht unsicher wirken“ – dieser Glaubenssatz macht mich unfrei, denn ich versuche stets, etwas vor anderen zu verbergen; mein Geheimnis eben. Um mehr Information über unser unbewusstes Verhalten zu bekommen, den sog. „blinden Fleck“ ist es hilfreich, sich Feedback von anderen einzuholen – denn die sehen oft Dinge, die wir selbst nicht sehen. Zu guter Letzt gibt es noch das Feld „Mir unbekannt, anderen unbekannt“ – dies ist das Reich des Unbewussten.

Das Verlassen der eigenen Komfortzone oder die Wucht persönlicher Geschichten

Dass Stefan sein Handwerk versteht, bewies er auch im letzten Teil seines Vortrags: gekonnt, unterhaltend, witzig und mitreißend veranschaulichte er seine Botschaft erneut an einem persönlichen Beispiel. Diesmal ging es um das Thema „Singen“. Stefan bekam bereits sehr früh von seinen heftigsten Kritikern (der eigenen Familie) das Feedback, dass er nicht singen könne und das mit dem Singen lieber lassen solle. Und so lief er die meiste Zeit seines Lebens mit der Überzeugung durch die Welt, er könne eben nicht singen. Dies war sein Geheimnis. Bis ihn eines Tages in einem Impro-Workshop aus der Komfortzone gezwungen wurde, als der Leiter ankündigte, heute gehe es um improvisiertes Singen! Stefans erster Gedanke: „Ich treffe noch nicht mal festgelegte Töne, wie soll ich dann noch improvisieren beim Singen?“ Notgedrungen tat Stefan den mutigen Schritt und stürzte sich ins Impro-Singen, das er seitdem auch regelmäßig mit seiner Gruppe auf der Impro-Bühne praktiziert. Und zwar so gut, dass eine Zuschauerin ihn eines Tages fragte, ob er dies schon lange mache, weil er so gut singen konnte.

Drei wertvolle Tipps, um das eigene Kommunikationsgefängnis zu verlassen

Stefan beendete seinen Vortrag mit drei großartigen Tipps, die er unseren Teilnehmern an diesem Morgen mit auf den Weg gab:

  1. Teilt Eure Geheimnisse (überführt Dinge von Eurem „Geheimnis“ in die „öffentliche Person“)
  2. Holt Euch Feedback ein (damit die Dinge aus dem „blinden Fleck“ ebenfalls Teil Eurer „öffentlichen Person“ werden)
  3. Wagt Euch aus der Komfortzone heraus!

Inspiriert von diesem wunderbaren Input gingen unsere Teilnehmer schließlich ans Netzwerken und tauschten nicht nur Geheimnisse und Feedback, sondern auch wertvolle Tipps zur Kooperation aus. Das nächste Netzwerk-Treffen gibt’s übrigens am Donnerstag, den 20. Juni im Uppers in Berlin-Kreuzberg. Dort wird uns dann Julian Jost etwas über das digitale Nomadentum erzählen – how to be a digital nomade.

Die Fotos stammen dieses Mal von meiner Kollegin Bettina Stoi.