Streng genommen begann dieser Vortrag bereits einen Tag zuvor mit einem echten Praxisbeispiel:

Teekay rief mich an und fragte, ob wir in der Kaffeerösterei auch einen Flipchart oder etwas ähnliches hätten. Das haben wir natürlich nicht, denn schließlich ist es ein Café und für Vorträge eigentlich nicht vorgesehen. Sich nun eine Lösung auszudenken, wie die kleinen, selbst gebastelten Präsentationsfolien aufgehängt werden können, war die erste Design-Thinking-Aufgabe.

Die war dann am Ende doch leichter gelöst als gedacht: Mit ein paar kleinen Tesakrepprollen konnten die Vorlagen ganz sanft an der Wand befestigt und so für das Publikum gut sichtbar gemacht werden.

Genau genommen ist Design Thinking ein guter alter Wein, der seit ein paar Jahren in hippen neuen Schläuchen angeboten wird.

Denkt man an historische Kunstwerkstätten, kann man sich sehr gut vorstellen, wie bereits Rembrandt oder Leonardo da Vinci vom Entwurf über zahllose Überarbeitungen zum fertigen Kunstwerk gelangten. Heutzutage wurde das Konzept am MIT mit IT-Methoden verfeinert und für unsere Nutzung im 21. Jahrhundert überarbeitet.

Der Design-Thinking-Prozess beruht auf 6 Grundpfeilern:

1. Challenge definieren und verstehen.
Was ist unser Ziel, welche Herausforderung wollen wir lösen?

2. Umfeld beobachten
Gibt es schon etwas Ähnliches? Mitbewerber? Vorbilder?

3. Standpunkt definieren
Wo stehe ich? Wie ist meine Situation?

4. Ideen generieren
Ideation steht hier provokativ auf der Folie. Zugegeben, dieser Begriff ist nicht unumstritten. Beschreibt er einerseits den Prozess des Ideenfindens, wird er von anderen als bedeutungsloses Modewort oder wegen seiner Nähe zu dem Begriff „suicidal ideation“ aus der Psychiatrie kritisiert. Als Kunstbegriff ist er jedoch selbst wiederum ein Beispiel für Kreativitätstechniken, die hier ihre Anwendung finden sollen. – Ideenentwicklung nach Art von Kindern, deren Fantasie noch nicht durch gesellschaftliche Prägung eingeschränkt ist.

5. Prototyp entwickeln
Auf der Basis der zuvor entwickelten Ideen generieren wir nun unseren Prototypen. Er stellt die erste mögliche Lösung des zuvor definierten Problems oder der Herausforderung dar.

6. Testen
Im nächsten Schritt probieren wir aus, ob und wie unser Prototyp funktioniert. Wir bleiben damit nicht im stillen Kämmerlein sondern gehen hinaus, zeigen es unserer Zielgruppe und nehmen sofort das Feedback mit nach Hause. Mit diesem Feedback können wir dann sofort wieder zu einer der zuvor genannten Stationen gehen.

Wir müssen dabei nicht zwingend zurück auf Los. Wir können auch bei 2., 3. oder 4. weitermachen oder gleich unseren Prototypen überarbeiten. Oftmals stellt sich jedoch heraus ,dass auch unsere Betrachtung des Umfelds, unser eigener Standpunkt oder unsere Ideenentwicklung mit einem neuen Impuls wieder neue Ergebnisse hervorbringen.

Diesen Prozess können wir im Grunde unendlich fortsetzen, denn, wie eine Teilnehmerin sagte, man ist nie fertig. 😉

Ganz so war es zum Glück bei unserem Netzwerktreffen heute nicht, gegen Mittag haben sich dann doch alle verabschiedet, obwohl der Abschied wie immer wieder schwer fiel. Aber zum Glück gibt es ja schon bald ein nächstes Netzwerktreffen und zwar nächste Woche, am 5. Juli am Potsdamer Platz, diesmal mit einem Vortrag von Claudia Hoppe.